Elektromobilität im ÖPNV

Optimierte Ladevorgänge

Der Betrieb von Elektrobussen im ÖPNV stellt besondere Anforderungen an die Ladeinfrastruktur, an die Umlaufplanung und an die Betriebssteuerung. Das Forschungsprojekt MENDEL ermittelt die Grundlagen einer optimalen Ladeinfrastruktur und definiert die planerischen und operativen Anforderungen im Verkehrsunternehmen.

Das Forschungsprojekt MENDEL

Mit Beginn des Jahres 2016 hat INIT, gemeinsam mit den Partnern AVT STOYE GmbH, dem Institut für Verkehrssystemtechnik am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., dem Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik, der GEVAS software Systementwicklung und Verkehrsinformatik GmbH, dem Institut für Automation und Kommunikation (ifak) und den assoziierten Partnern BS|NETZ Braunschweiger Netz GmbH und Braunschweiger Verkehrs-GmbH die Arbeit am Forschungsprojekt MENDEL aufgenommen.

Mendel logo

Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Projekt soll die Belange von Energieversorgern und Verkehrsunternehmen in Einklang bringen.

Ziel ist es, die Grundlagen einer kosteneffizienten Ladeinfrastruktur zu ermitteln, welche die besonderen Anforderungen von Elektrobussen im ÖPNV berücksichtigt. Die übergeordneten Ziele des Vorhabens MENDEL sind demzufolge:

Ziel 1: Minimierung der Investitionskosten

Die Einrichtung zusätzlicher Trafostationen zur Versorgung der Ladestellen soll durch die optimale Ausnutzung vorhandener Niederspannungsverteilnetze vermieden werden. Generell soll die Anzahl der Ladestationen so gering wie möglich gehalten werden. Auf diesem Wege soll die bereits vorhandene Infrastruktur also möglichst effizient genutzt werden.

Ziel 2: Minimierung der Betriebskosten

Die Ladevorgänge sollen so geplant werden, dass der für den Arbeitspreis maßgebliche Spitzenenergieverbrauch durch eine räumliche und zeitliche Entzerrung der Ladevorgänge minimiert wird. Dadurch sinken auch die fixen Betriebskosten für die Ladeinfrastruktur, die sich im verbrauchsunabhängigen Leistungspreis niederschlagen.

Die variablen Betriebskosten für den Betrieb der E-Flotte sollen zusätzlich durch die Minimierung des Energieverbrauchs der Busse sowie durch eine optimierte Umlaufplanung gesenkt werden.

Zur Erreichung dieser beiden übergeordneten Ziele werden verschiedene Teilziele verfolgt. Diese umfassen strategische Aspekte im Sinne einer optimalen Fahrzeugeinsatzplanung in Verbindung mit einer optimalen Planung der Infrastruktur, taktische Aspekte im Sinne eines optimalen Lastmanagements im Betrieb und operative Aspekte im Sinne einer optimalen Fahrstrategie im operativen Betrieb (ressourcenschonendes Fahren):

Teilziel 1: Optimale Fahrzeugeinsatzplanung (strategische Ebene)

Bei der Planung der Umläufe und Dienste müssen die erforderlichen Ladevorgänge als zusätzliche Variable berücksichtigt werden. Ziel ist es, durch Optimierungsalgorithmen den Zielkonflikt zwischen effizienten Umläufen und einer minimalen Spitzenbelastung des Stromnetzes aufzulösen. Die Spitzenbelastung des Stromnetzes ergibt sich aus der Summe des Leistungsbedarfs aller maximal gleichzeitig zu ladenden Busse. Der Leistungsbedarf des einzelnen Busses ergibt sich aus der initialen Batterieladung, dem Energiebedarf bis zum Erreichen der nächsten Ladestation sowie der zur Verfügung stehenden Ladezeit.

Zusätzlich zu den geplanten Ladezeiten sind dabei Zeitpuffer im Umlauf zu berücksichtigen, um geringe Verzögerungen durch eine notwendige Zwischenaufladung zu kompensieren. Diese kann z. B. erforderlich werden, wenn ein Ladevorgang an der geplanten Haltestelle nicht mit der Sollaufladung erfolgen konnte. Ebenfalls erforderlich ist die Berücksichtigung von so genannten energetischen Puffern, d.h. Schwankungen der aktuell möglichen Aufladekapazität im gesamten Ladenetz muss man dadurch begegnen können, dass ein Bus nicht mit der maximalen Leistung geladen wird und trotzdem noch sicher die nächste Ladestation erreicht. Dabei gilt, je mehr Pufferzeiten geplant werden müssen, umso mehr Busse muss das Verkehrsunternehmen einsetzen, um den Fahrplan zu erfüllen.

Teilziel 2: Optimale Infrastrukturplanung (strategische Ebene)

Je mehr Ladestationen aufgebaut werden, umso besser verteilen sich die Ladeanforderungen und die Spitzenbelastung für das gesamte Stromnetz sinkt. Damit lassen sich die Betriebskosten für den ÖPNV reduzieren. Gleichzeitig gilt es aber, die Anzahl der Ladestationen so gering wie möglich zu halten, um die Investitions- und Betriebskosten für den Energienetzbetreiber zu minimieren. Diametral wirkt sich die Anzahl der Ladestationen auch auf die zur Erfüllung der Fahrpläne erforderliche Anzahl der Busse aus, da bei geringer Anzahl der Ladestationen mehr der in Teilziel 1 beschriebenen Puffer eingeplant werden müssen.

Ziel der Infrastrukturplanung ist es, eine im Sinne der Gesamteffizienz optimale räumliche Verteilung der Ladestationen festzulegen. Zielkonflikte gilt es mittels Optimierungsalgorithmen und durch strategische Abwägungen aufzulösen.

Teilziel 3: Optimales Lastmanagement im Betrieb (taktische Ebene)

Um auf operative Abweichungen zu den Soll- Ladungen, die sich durch geplante Pufferzeiten nicht auffangen lassen, oder Schwankungen im Leistungsangebot reagieren zu können, sollen adäquate Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eingesetzt werden. Konkret sollen zu entwickelnde intelligente Dienste die Ladevorgänge im Sinne eines Lastmanagements optimiert regeln. Dabei werden sie die aktuellen Ladezustände der Busse, deren prognostizierte Energiebedarfe und das aktuell zur Verfügung stehende maximale Leistungsangebot an den Ladestellen ebenso berücksichtigen wie das übergeordnete Ziel der minimalen Gesamtladeleistung. Falls erforderlich, machen diese Dienste in der Folge operative Fahrvorgaben wie z. B. die Verlängerung eines Aufenthaltes an der Ladestelle.

Teilziel 4: Optimale Fahrstrategie im Betrieb (operative Ebene)

Auf die Erreichung der angestrebten übergeordneten Projektziele wirkt sich ein möglichst geringer Energiebedarf der Busse generell begünstigend aus. Ein wesentliches Einsparpotenzial ergibt sich durch die Vermeidung häufiger Stops, denen zwangsläufig energieintensive Anfahrvorgänge folgen. Den häufigsten Fall dieses vermeidbaren Energieverbrauchs stellen Lichtsignalanlagen im Stadtverkehr dar. Sie gilt es durch den Einsatz von Verkehrsmanagementsystemen, die vom ITCS Echtzeitinformationen über den Betriebszustand erhalten und diesen entsprechend berücksichtigen, zu vermeiden.

Kontakt