„Weiterhin Goldmedaillen für INIT gewinnen“

Wechsel des Vertriebsvorstands – Dr. Jürgen Greschner und Martin Timmann im Gespräch

Matin Timmann und Jürgen Greschner im Interview sitzend an einem Tisch

(c) INIT

Im Vorstand der init SE wird es zum 1. Oktober 2024 eine Veränderung geben. Dr. Jürgen Greschner, langjähriger Vertriebsvorstand und stellvertretender Vorstandsvorsitzender, wird auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand ausscheiden. Seine Funktion übernimmt Martin Timmann, bisher Geschäftsführer der HanseCom GmbH, Hamburg, einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der init SE. Wir haben die beiden zu einem Gespräch eingeladen.

Nahaufnahme Jürgen Greschner, der gestikuliert

Herr Dr. Greschner, Sie blicken auf 28 erfolgreiche Jahre bei INIT zurück. Welche persönlichen Höhepunkte gab es?

Die eindrucksvollste Zeit für mich waren sicher die Jahre in Virginia, wo ich von 1999 bis 2003 das USA-Geschäft aufgebaut habe. Dort musste neben dem Büro, der notwendigen Infrastruktur und den Mitarbeitern vor allem Vertrauen bei den Kunden und Partnern aufgebaut werden. Und ich denke, das ist uns gemeinsam gelungen. 

Der endgültige Durchbruch kam 2002 mit dem damals größten Auftrag für INIT von METRO Houston. Übrigens bis heute ein INIT Kunde, bei dem wir über die Jahre hinweg unsere integrierte Lösung fast vollständig umsetzen durften. Nach der Rückkehr in die Heimat Deutschland habe ich die Stelle des Vertriebsvorstandes übernommen. Dabei habe ich mein Augenmerk weiterhin auf die Durchdringung internationaler Märkte gelegt. 

Großartige Höhepunkte waren nicht zuletzt die gewonnenen Ausschreibungen in Abu Dhabi, Dubai, Dublin, Nottingham, Oslo, Montreal und parallel der Ausbau des Geschäfts in Deutschland. In jüngster Zeit durften wir uns über die Großaufträge von MARTA in Atlanta/USA und Transport for London freuen. Gerade der TfL-Auftrag ist in unserer internationalen Branche so etwas wie der Gewinn einer olympischen Goldmedaille. Für mich natürlich ein schöner Ausklang als Vertriebsvorstand.

Herr Timmann, Sie übernehmen am 1. Oktober den Staffelstab von Jürgen Greschner. Wo sehen Sie den Schwerpunkt Ihrer künftigen Aktivitäten?

Natürlich möchte ich die Arbeit von Jürgen fortsetzen, und mein Ziel ist es, das unglaubliche Erfolgslevel der letzten Jahre zu halten – also weiterhin Goldmedaillen für INIT zu gewinnen. Innerhalb der INIT Gruppe sehe ich ein großes Potenzial für Cross-Selling über die einzelnen Tochterunternehmen hinweg. Wichtig ist, dass wir die Bedürfnisse unserer Branche frühzeitig erkennen. Dazu gehört, dass wir auch den Betrieb der Systeme für unsere Kunden übernehmen. Gerade vor dem Hintergrund der Personalknappheit in der ÖPNV-Branche bietet es sich an, Ressourcen zu bündeln und den Betrieb der Systeme denjenigen zu übergeben, die das am besten können: Und das sind wir als Systemhersteller. 

Einige Beispiele für Arbeiten, die wir Kunden auf Wunsch abnehmen können, sind IT-Hosting, Tarifdatenpflege, Fahrzeugwartung oder der Betrieb von Cloudlösungen. Auch im Bereich der Cybersicherheit möchten wir unsere Kunden besonders unterstützen – zum Beispiel mit Applikationen, die für Datensicherheit sorgen. Ein weiteres immer wichtigeres Thema ist Account-based Ticketing (ABT) – wofür wir als einer der weltweit führenden Anbieter perfekt aufgestellt sind. In Deutschland nehmen interessanterweise gerade mittelgroße Städte mit unserer Unterstützung eine Vorreiterrolle ein, aber wir erwarten einen weltweiten ABT-Trend. Beispielweise bauen wir gerade bei MARTA in Atlanta ein Ticketingsystem in der Cloud auf.

Unser Ziel ist es, die Bedürfnisse der Branche frühzeitig zu erkennen.

Martin Timmann

Herr Timmann, was reizt Sie an der neuen Position? Was gab die INITialzündung, die Stelleanzunehmen?

Zum einen sehe ich unglaubliche Chancen für INITauf dem Markt, und ich brenne darauf, diese gemeinsam mit dem phänomenalen Team hier in Karlsruhe und weltweit umzusetzen. Zum anderen ist die Basis meiner persönlichen Motivation stets Vertrauen. Dieses Vertrauen, das mir Dr. Gottfried Greschner und meine Kollegen im Vorstand entgegengebracht haben, spornt mich an. Es auch zu rechtfertigen ist mir ein großes Anliegen.

Nahaufnahme Martin Timmann

Herr Timmann, Sie werden INIT Vorstand, aber bleiben zugleich Geschäftsführer bei der INIT Tochter HanseCom, die Sie zu großen Erfolgen geführt haben. Doppelbelastung oder zweifaches Glück?

Doppeltes Glück! Für mein Wohlbefinden insgesamt als Mensch ist es mir wichtig, mit wem ich arbeite. Ich möchte mich richtig freuen auf den Arbeitstag, auf die Menschen, die ich entweder persönlich oder in Videokonferenzen treffe. Und das ist bei der HanseCom definitiv der Fall. Ein ähnliches Gefühl habe ich bei INIT. Auch hier ist die Unternehmenskultur durch ein vertrauensvolles Miteinander geprägt.

Herr Timmann, das Leben ist nicht nur INIT. Erzählen Sie etwas über sich.

Ich bin ein Familienmensch, wobei nie genügend Zeit für die Familie bleibt, wenn man beruflich nach Goldmedaillen strebt. Insofern genieße ich gemeinsame Aktivitäten umso mehr. Meine beiden Töchter sind bereits im Erwachsenenalter, meine beiden viereinhalb jährigen Zwillinge halten mich auf Trab. Für die wenige Zeit, die neben beruflichem und familiärem Leben übrig ist, bin ich thematisch dann wieder bei den erwähnten olympischen Goldmedaillen: Als ehrenamtlicher Kampfrichter im Kunstturnen mit einer internationalen Lizenz bin ich auf den großen und wichtigen Wettkämpfen unterwegs. So habe ich beispielsweise im März den Weltcup in Stuttgart gewertet.

Herr Dr. Greschner, Sie werden INIT mit Ihrem Wissen und Ihren Erfahrungen weiterhin in der Funktion eines Direktors zur Verfügung stehen, möchten aber künftig beruflich kürzertreten. Welche Pläne haben Sie für die freie Zeit?

In meiner neuen Position werde ich den Vertrieb unterstützen und dabei weiterhin auf die nationalen und internationalen Netzwerke zurückzugreifen, die ich in den letzten Jahren aufgebaut habe. Ich werde jedoch ein wenig kürzertreten, um mehr Zeit für die Familie und Freunde zu haben. Gipfel erstürmen möchte ich künftig etwas weniger im beruflichen undmehr im privaten Bereich: Ein Ziel ist, die europäischen Fernwanderwege weiterzuwandern. Außerdem habe ich vor, mehr karitativ tätig zu werden und mich besonders für Kinder einzusetzen, die weniger gute Chancen im Leben haben.

Herr Dr. Greschner, wenn Sie Herrn Timmann die Quintessenz Ihrer Erfahrungen mit auf den Weg geben müssten – was würden Sie ihm sagen?

In der Position des Vertriebsvorstandes braucht man auf jeden Fall Pioniergeist, den Martin ja bereits unter Beweis gestellt hat. Dazu benötigt man eine Vision davon, wo man in fünf Jahren stehen möchte – nicht nur hinsichtlich des Umsatzes, sondern auch der Märkte und der Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens. Erforderlich ist auch Durchhaltevermögen, denn es gibt immer auch Rückschläge. Das Wichtigste ist aber ein motiviertes Team, das man für die Vision begeistern muss.

INIT wird weiterwachsen. Alle Zeichen stehen auf GRÜN.

Dr. Jürgen Greschner

Herr Dr. Greschner, Herr Timmann, Sie sind beide exzellente Kenner der Branche. Wo sehen Sie den ÖPNV in zehn Jahren?

Jürgen Greschner: Wenn es gelingt, den aktuellen Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen zu lösen, dann steht einem Wachstum des ÖPNV nichts im Weg. Alle Megatrends sprechen dafür: Bedingt durch die demografische Entwicklung benötigen immer mehr Menschen bessere Unterstützung, um Wege zurückzulegen. Der Bedarfsverkehr wird sicherlich ausgeweitet werden, um wie in den USA Menschen mit Einschränkungen oder abseits der Ballungszentren Mobilität zu ermöglichen, wahrscheinlich auch unterstützt durch autonom fahrende Fahrzeuge. Nach meiner Wahrnehmung werden sich die Verkehrsbetriebe der Zukunft noch weiter zu Mobilitätsexperten ihrer Region entwickeln, die nicht nur das klassische ÖPNV-Angebot und vielleicht On-Demand-Services anbieten, sondern darüber hinaus auch weitere Mobilitätsangebote auf einer Plattform zur Verfügung stellen, wie etwa Leihfahrräder, Mietwägen und Scooter. Dadurch wird es dann ein lückenloses Mobilitätsangebot geben, das auch die ländlichen Gebiete besser mit den Stadtzentren verbindet. In einigen Städten und Regionen wie etwa in Wien ist das heute schon weit ausgebaut und nicht zuletzt auch bei uns hier in Karlsruhe mit der regiomove-App, die wir gemeinsam mit den Verkehrsbetrieben weiterentwickeln.

Martin Timmann: Die Verkehrsunternehmen sind diejenigen, die über das größte Know-how darüber verfügen, welcher Bedarf an Mobilität besteht und wie sich dieser am besten organisieren lässt. Sie könnten künftig Mobilitätspakete an Unternehmen verkaufen, und zwar so konfektioniert, dass sie ein sinnvolles und attraktives Alternativangebot zum Dienstwagen darstellen. Zusätzlich zum ÖPNV sind weitere Mobilitätsangebote enthalten. Der Vorteil ist die große Flexibilität. Hierfür werden dann Mobilitätsplattformen benötigt, im Hintergrund aber auch Self-Service-Portale, einfache Abrechnungssysteme und ein Leitsystem, das die Anschlusssicherung zwischen On-Demand-Fahrten und klassischen ÖPNV-Angeboten ermöglicht. Also eine Vernetzung sich ergänzender Verkehrsmittel, die wirklich funktioniert. Damit wird es künftig die Aufgabe von Verkehrsunternehmen sein, komplementäre Mobilitätsangebote zu orchestrieren.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führten Martin Fricke und Anette Auberle.