KI-Unterstützung für Disponenten

Forschungsprojekt KARL entwickelt digitalen Vorschlagsassistenten für die Leitstelle

KARL wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Zukunft der Wertschöpfung – Forschung zu Produktion, Dienstleistung und Arbeit“ gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. (c) INIT| Kerstin Groh

Bei der anspruchsvollen Arbeit in der Leitstelle ist Erfahrung unerlässlich – insbesondere in Stresssituationen wie z.B. bei einem Unfall zur Rushhour in der Innenstadt. Da diese Erfahrung durch anstehende Pensionierungswellen künftig nicht mehr in gewohntem Maße zur Verfügung stehen wird, werden Assistenzsysteme immer wichtiger. Mit konkreten Handlungsempfehlungen soll ein im Rahmen des Forschungsprojektes „KARL – KI für Arbeit und Lernen in der Region Karlsruhe“ entwickelter Vorschlagsassistent das Personal in der Leitstelle entlasten und zu weniger Einschränkungen im Nahverkehr beitragen. Die konkrete Maßnahme, wie z.B. eine geeignete Umleitung, wird dabei mittels KI ermittelt.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit zum Einsatz von KI

Das Forschungsprojekt stellt in der Region Karlsruhe die zentrale Anlaufstelle für Fragen zu KI in der Lern- und Arbeitswelt dar und vereinigt unter der Leitung der Hochschule Karlsruhe 17 Projektpartner. Sie alle sammeln Erkenntnisse zur Gestaltung der Arbeitswelt von morgen und erproben diese modellhaft für explizite KI-Anwendungsfälle in den Bereichen Bildung, produzierendes Gewerbe, wissensintensive Dienstleistungen sowie Systeme der Informations- und Kommunikationstechnik. Zu den Projektpartnern zählen renommierte wissenschaftliche Einrichtungen wie das Forschungszentrum Informatik (FZI), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (Fraunhofer IOSB) und das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (Fraunhofer ISI) sowie Anwendungspartner aus verschiedenen Branchen.

Problemstellung in der Leitstelle

INIT untersucht in einem der beiden Mobilitäts-Anwendungsfälle, wie KI die Arbeit von Disponentinnen und Disponenten in einer ÖPNV-Leitstelle erleichtern kann. Die Arbeit in der Leitstelle ist oft von Stress und Zeitdruck geprägt. Denn sobald eine Störung auftritt, müssen in kürzester Zeit zahlreiche Entscheidungen mit teilweise weitreichenden Konsequenzen getroffen werden. Diverse Prozesse von der Unfallmeldung an die Polizei über die Fahrerkommunikation, die Herstellung eines möglichst funktionalen Ersatzbetriebs bis hin zur Fahrgastinformation gilt es anzustoßen. Viele dieser Maßnahmen werden auf der Basis langjähriger Erfahrung ausgeführt.

Ziel des Forschungsprojektes

Zusammen mit der Hochschule Karlsruhe, dem FZI und lavrio.solutions, einem Unternehmen für KI-Anwendungen und Data Science, untersucht INIT Möglichkeiten, insbesondere neue Mitarbeiter in der Leitstelle in diesen Stresssituationen mithilfe von KI zu unterstützen. Deshalb werden im Forschungsprojekt die Daten bisheriger dispositiver Maßnahmen mithilfe von Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgewertet und darauf basierend ein Vorschlagsassistent entwickelt, der Disponenten bei schwierigen Entscheidungen unterstützt.

Die KI soll derart trainiert werden, dass viele relevante Faktoren mit einbezogen und in der Folge genau an die jeweilige Situation angepasste dispositive Maßnahmen vorgeschlagen werden. Der Vorschlagsassistent soll mit dem ITCS verknüpft sein, sodass die dispositiven Maßnahmen automatisch ausgelöst werden, wenn die Disponenten den KI-Vorschlag annehmen. Es handelt sich folglich um ein KI-gestütztes Vorschlagswesen, das die Disponenten entlastet, ihnen aber gleichzeitig die volle Kontrolle über die Vorgänge lässt. Ein besonders wertvoller Einsatzbereich des Systems kann die Einarbeitung von neuem Leitstellenpersonal oder die Unterstützung von Disponenten mit wenig Erfahrung (z.B. Ersatz-Disponenten) sein. So unterstützt der Vorschlagsassistent dabei, den Betriebsablauf zu optimieren.

Herangehensweise

Als Ausgangslage dienen die historischen Daten aus dem ITCS. Sie enthalten die Fahrzeugpositionen, Fahrplandaten und die jeweils ausgelösten dispositiven Maßnahmen. Um sicher zu gehen, dass die Anforderungen der Disponenten an einen solchen Vorschlagsassistenten auch vollumfänglich Berücksichtigung finden, wurden zu Beginn des Projektes Befragungen beim Leitstellenpersonal der Verkehrsbetriebe Karlsruhe GmbH und der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft GmbH durchgeführt.

Herausforderungen im Projektablauf

Die größte Herausforderung stellt der Aufbau einer konsistenten und umfassenden Datenbasis dar, anhand derer die KI sinnvoll trainiert werden kann. Denn die Informationen sind oft in unterschiedlichen Systemen vorhanden, und sie erreichen die Leitstelle über verschiedene Kanäle, wie Funk oder Telefon, und zum Teil auch von externen Stellen, z.B. Polizei oder Feuerwehr. Hierüber erhalten die Disponenten Informationen zu Unfällen und beispielsweise gesperrten Streckenabschnitten. Selbstverständlich werden diese Informationen dokumentiert, jedoch aufgrund extremen Zeitdrucks ggf. wenig strukturiert und unter Umständen vermischt mit personenbezogenen Daten, was eine automatisierte Auswertung erschwert oder zum Teil unmöglich macht. Nicht digitalisierte Kanäle wie Funk oder Telefon sind überdies für die KI nicht nutzbar. Dies sind einige der Punkte, die das Training einer KI aus historischen Daten vor Herausforderungen stellen und die derzeit mithilfe umfassender Datenaufbereitung und weiteren Datenquellen berücksichtigt werden.

Weitere Schritte

In einem weiteren Schritt stellten die Projektpartner den Teilnehmern der ITCS Working Group der INIT die bisherigen Ergebnisse vor und holten damit zusätzlichen Input von erfahrenen Verkehrsbetrieben ein. Hierüber können die Anforderungen an den Vorschlagsassistenten weiter konkretisiert und ggf. weitere Informationsquellen einbezogen werden. Ziel ist es, Disponentinnen und Disponenten bestmöglich zu unterstützen, ohne sie bei weiteren wichtigen Tätigkeiten abzulenken wie z. B. der Kommunikation mit einem in einen Unfall verwickelten Fahrer. Im Vordergrund steht dabei die Praxistauglichkeit im stressigen Alltag in der Leitstelle.

Mehrwert

Der digitale Vorschlagsassistent für Leitstellen unterstützt Disponentinnen und Disponenten in ihrer Arbeit und entlastet sie insbesondere im Störungsfall. So können sie fundierte Entscheidungen treffen, was zur Fehlervermeidung beiträgt und letztendlich zu einer Verbesserung des Betriebsablaufs führt.

Kontakt

Dr. Roxana Hess

Product Manager MaaS
Team Manager Research
INIT GmbH
Deutschland